Psychisches Wohlbefinden und Immunsystem
- das Zusammenspiel -
In unserer heutigen Zeit der Globalisierung steigt durch das wachsende globale Verkehrsnetz auch die Verbreitung übertragbarer Krankheiten über den Globus hinweg. Daher ist es für uns trotz den Möglichkeiten der modernen Medizin essenziell ein starkes Immunsystem aufrecht zu erhalten. Unser Immunsystem kann von vielen unterschiedlichen Faktoren geprägt werden, durch genetische Veranlagungen, Begegnungen mit verschiedensten Krankheitserregern, den hygienischen Verhältnissen in denen wir leben und eben auch von psychischen Faktoren.
Aber wie genau funktioniert das eigentlich, dass unser Immunsystem auf unsere Psyche wirkt und umgekehrt? Wo ist die Schnittstelle dieser beiden Systeme?
​
Um diesen Zusammenhang zu erklären schaut man sich am besten die Determinanten an, die unsere Psyche beeinflussen. Auf der einen Seite gibt es körperliche Bedürfnisse wie Hunger, Müdigkeit und sexuelle Erregung, auf der anderen Seite kognitive Aspekte wie Erwartungen, Ziele, Einstellungen etc...
Eine zentrale Rolle dieses komplexen Systems wird eingenommen von unserem Schlaf. Während des Schlafs produziert unser Körper weiße Blutzellen, welche eine wichtige Rolle in unserer Immunabwehr spielen und hormonelle Effekte von Stress reduzieren. Umgekehrt produzieren diese weißen Blutzellen sogenannte Interleukine, welche wiederum eine schlafförderliche Wirkung haben. Somit kann man sagen, dass chronischer Schlafmangel unsere Immunabwehr schwächt und uns anfälliger für Infekte und Erkrankungen macht. Dass ein gesunder Schlaf-Wachrhythmus unser Immunsystem beeinflusst ist vielleicht noch recht offensichtlich, allerdings wirken z.B. auch unsere Gefühle auf unser Immunsystem.
​
Wie das funktioniert?
​
Unser autonomes (weitgehend der willkürlichen Kontrolle entzogenes) Nervensystem ist verbunden mit Organen und Strukturen des Immunsystems (Milz, Lymphknoten, Knochenmark,...). Gefühle sind mit einer Reaktion des autonomen Nervensystems verbunden, z.B. mit Gänsehaut, beschleunigtem Herzschlag oder Erröten. Somit können Gefühle, über die Verbindungen des autonomen Nervensystems mit immunrelevanten Strukturen, Einfluss auf unsere Immunabwehr nehmen.
​
Wie groß ist dieser Einfluss nun aber tatsächlich?
​
Es stimmt, unser Immunsystem ist durch unsere Gefühle direkt beeinflussbar, aber wie so oft gilt "die Menge macht das Gift". Ob sich etwas negativ auf unsere Gesundheit auswirkt ist abhängig von der Intensität uns Dauer des Erlebens. Es ist bekannt, dass in der ersten Stressphase ("fight oder flight") die Immunreaktion unterdrückt wird. Wenn allerdings ein Stressor mit den gegebenen Ressourcen bewältigt werden kann (Eustress), führt das zu einer Aktivierung des Immunsystems. Im Kontrast dazu stehen langfristig überfordernde Situationen ohne Möglichkeiten zur hinreichenden Regeneration, diese schwächen unsere Krankheitsabwehr und unsere Leistungsfähigkeit. Auch schwere Schicksalsschläge, wie der Verlust eines geliebten Menschen, können solche langfristig überfordernden Situationen sein und das allgemeine Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko erhöhen. Wir wissen also, Umweltfaktoren spielen in jedem Fall eine Rolle für unsere Gesundheit.
Weiterhin hat die Forschung gezeigt, dass auch erlernte Reaktionen das Verhalten unseres Immunsystems beeinflussen können. Ein schönes Beispiel hierfür ist der Placebo-Effekt. Alleine die Tatsache, dass wir von ExpertInnen (ÄrztInnen, TherapeutInnen) in unserem Leiden beraten werden und man uns professionell umsorgt, kann eine gesundheitsförderliche Immunreaktion aktivieren.
​
Zusammenfassend kann man sagen, dass es zahlreiche Einflüsse auf unser Immunsystem gibt, die sowohl von außen als auch von innen auf unseren Körper wirken. Wenn man sich dieser Einflüsse bewusst wird, den eigenen Körper aufmerksam beobachtet und rücksichtsvoll behandelt kann man selbst zur besseren eigenen psychischen und physischen Gesundheit beitragen. Dabei kann das Reflektieren im Alltag helfen. Bekomme ich genug Schlaf? Wie kann ich konstruktiv mit Stress umgehen? Wie sollte ich meine Umwelt für mich gestalten, damit ich mich darin wohl fühle? Wie geht es mir immoment?
Versuchen Sie gerne einmal in Zukunft in Ihrem Alltag bewusst Pausen einzulegen und Ihre Situation zu reflektieren.
​
​
Dau-Schmidt, M. (2020). Welchen Einfluss hat das psychische Wohlbefinden auf unser Immunsystem?: Eine Darstellung am Beispiel von Krebserkrankungen. Psychotherapeuten Journal, 122–127.